Für Nina waren alle Männer Esel, besonders, weil diese Tiere mit ihrer Eigensinnigkeit hervorstachen und sie hätte eben gern einen Wolf an ihrer Seite, der gerne ein Rudel bewachte. Nun war sie in Amerika, nicht nur um ihren Traummann zu finden, sondern auch in erster Linie bei Nadja zu sein, denn ohne dieses blonde Motivatorin war Ninas Leben nur halb so gut und glich einer Suppe ohne Salz! Mikas Worte stimmte sie ein wenig traurig, gerade weil er recht hatte. Doch sie wollte sich nicht von ihren Verflossenen den Abend verpinkeln lassen und strich sich als abschließende Geste eine verlorene Strähne ihres Haars hinter die Ohren. Dann bestätigte sie mit einem entschlossenen Nicken.
"Du hast recht und das sage ich nun als Frau zu einem Mann! Ist mir ja noch nie untergekommen!" Das mit dem Dreier raffte Nina eh nicht, weil sie selten in die versaute Variante dachte und das obwohl man ihr das eher zutraute. Sie nahm es also einfach so an, wie er es meinte. Ein breites Lächeln tauchte auf ihren Lippen auf und schon klirrten die Gläser fröhlich aneinander, damit die darin befindliche Flüssigkeit endlich ihr warmes Zuhause fand. Das kleine Ellenbogenduell mit ihrer lieben Cousine endete, bevor die Fragen begannen und sie Nadja tatkräftig darin unterstützte. Doch zuvor jubelte sie über Nadjas Einladung, die sie einfach auch auf sich mit bezog und es einfach nur toll fand, gerade momentan wo der Pleitegeier über ihrem Kopf kreiste. Außerdem schmeckten die Drinks mit Danils Geld doppelt so gut! Sollte er doch zahlen! Ging eh nicht aus um Party zu machen, dieser Nerd und dabei wäre er so ein guter Fang für ihren schwulen besten Freund gewesen! Ihr war schon klar, dass sie mit diesem Thema kein weiteres Mal kommen brauchte, schon gar nicht bei ihm und wie viel Nadja davon wusste? Keine Ahnung und das war vielleicht auch ganz gut so.
"Wir fallen gern über ahnungslose Männer her, die nicht mit uns rechnen!" Das sagte sie extra laut, damit es auch noch der Barkeeper hörte, der ihr sogar ein flüchtiges Schmunzeln schenkte und die Konstellation der Trinkenden nicht ganz so einfach einordnen konnte. Es konnte auch einen einschüchternden Eindruck hinterlassen, wenn ein Einzelner von zwei Russinnen in die Zange genommen und ausgequetscht wurde! Immer wieder warf Nina der blonden Nadja belustigte Blicke zu, aber nicht diese von der Art, dass sie sich über Mika lustig machte, sondern einfach weil sie sich freute und gut drauf war. Die Cousinen verstanden sich nämlich auch ohne Worte, schon immer!
"Pech für deine Freunde! Wer nicht kommt, der hat schon! Der Abend wird deswegen nicht weniger spannend! The American way of life!" Bevor Mika nun die Gelegenheit bekam, endlich alle Fragen zu beantworten, winkte sie erneut den Barkeeper heran und bat um ein Glas Wasser. Sie kannte sich, denn schnelles Trinken war nichts für sie und vertrug bei weitem nicht so viel wie Nadja. Nun stützte sie ihren rechten Kiefer auf die Fingerknöchel und wollte hören, was die neue Bekanntschaft zu erzählen hatte. Russland und die USA waren echt zwei Paar Schuhe! Für sie war es manchmal definitiv ein Kulturschock. Allein das Fernsehprogramm oder die Freiheiten, die hier so völlig anders waren, als in ihrer Heimat. Homosexuelle durften sich outen und lebten ganz normal. Sie hatten sogar ein eigenes Areal! Das war in Russland nicht möglich. Allein schon die öffentlichen Meinungen im TV oder gar innerhalb der Familie. Über manche Dinge sprach man nicht leichtfertig, ganz im Gegenteil zu hier! Finnland war deutlich lockerer.
"Russland ist sehr groß wie Nadjas Busen." Da! Schon wieder fing sie an etwas greller zu lachen, weil sie häufig komische Sachen sagte, wenn sie beschwipst war! Manchmal schämte sie sich dafür oder versuchte es zu überspielen wie jetzt. Weder das ein, noch das andere war erfolgsversprechend. Kurz nippte sie am Glas und trank einen Schluck Wasser, dann merkte sie erst, wie warm es ihr wurde, besonders auf den Wangen.
"Du denkst bestimmt, ich bin irre oder dumm, aber ich bin einfach nur aufgeregt. Nadja und ich sind heute zum ersten Mal aus. Ich liebe Amerika und freue mich sehr für dich, dass du auch deinen Weg hierher gefunden hast. Sonst hättest du uns nie getroffen. Bei dir hört es sich nach Heimweh an." Hatte sie denn Heimweh? Sie vermisste ihre Mutter, dann Babuschka und Darius. Das wars auch. Sie liebte dieses Land jetzt schon. Was diese angebliche Aufregung anging: Sie war immer so, dass ihr unangemessene Worte raus rutschten, nur konnte sie es unter Einfluss von Alkohol schlechter kontrollieren und geriet im nüchternen Zustand ebenfalls in 'komische' Situationen.