Eigentlich hatte Eve an diesem Tag mit ihrem Onkel Curt zum Strandhaus der Familie fahren wollen. Doch nachdem ein Streit im Hause Davies, in den sich letztendlich auch ihre Großmutter einmischte, eskalierte, beschloss das Mädchen schon vorzufahren. Eine kurze Nachricht hatte sie ihm geschickt und dann am Abend Hals über Kopf das Haus verlassen. Wieder einmal war sie ihrem Großvater dankbar, dass er ihr ein Auto zum bestandenen Führerschein geschenkt hatte. Anfangs hatte Charlotte noch damit gedroht, es ihr wieder wegzunehmen, wenn sich Eve nicht ihren Vorstellungen fügte und hatte ihr auch wirklich zweimal die Autoschlüssel abgenommen, um sie zu bestrafen. Sie hatte sich danach bei ihrem Großvater und Curt ausgeweint, weil dieses Auto für die Freiheit und Unabhängigkeit bedeuteten. Das Mädchen wusste nicht, wer am Ende ein Machtwort sprach, ob es ihr Onkel oder ihr Großvater war, doch seit diesem Tag hatte ihre Mutter ihr nie wieder die Autoschlüssel weggenommen, sondern ihr mit anderen Strafen gedroht.
Obwohl sie abends ungern längere Strecken fuhr, hatte sie sich entschlossen, nicht zu Curt zu fliehen, sondern direkt zum Strandhaus zu fahren. Unterwegs hatte sie @Kiara Lacey angerufen, um ihr mitzuteilen, dass sie schon einen Tag früher auftauchen würde und sie fragte, ob sie sich am Abend noch sehen würden. Eve war dankbar für ihre Freunde, sowohl ihrer Clique in Atlantik City als auch ihren Freunden in Springfield. Auf diese war einfach immer Verlass und sie wusste, dass sie jederzeit ihre Sachen packen und zu ihnen kommen konnte, wenn im Hause Davies mal wieder der Haussegen schief hing. Und das tat er relativ häufig. Sonst war sie immer zu den Lindgrens gegangen, wenn sie mal wieder Stress hatte, doch seitdem sie vor zwei Jahren Kie und die anderen kennengelernt hatte, hatte sie so etwas wie einen weiteren Zufluchtsort gefunden. Sie fühlte sich unheimlich wohl in Atlantic City und fuhr sooft es ging dorthin. Doch auch ihr Onkel hatte einen maßgeblichen Anteil an ihrem Leben. Er war so etwas wie ein Vater für sie, sie wusste, dass er immer da sein würde, wenn sie Probleme hatte. Er war wesentlich entspannter als der weibliche Anteil ihrer Familie und hatte sie schon einige Male gedeckt. So zum Beispiel auch, als er einmal unangekündigt im Strandhaus auftauchte, wo sie eine heimliche Party gefeiert hatte. Glücklicherweise hatte er nur gelacht und den jungen Leuten das Feld überlassen, nicht jedoch ohne sich von Eve noch einmal das Versprechen zu holen, dass sie im Anschluss auch wieder aufräumen würde.
Als sie an diesem Abend im Strandhaus angekommen war, hatte sie ihre Sachen nur kurz in ihr Zimmer gebracht, hatte sich umgezogen und war auf direktem Weg zu ihren Freunden gegangen, wo sie die Nacht verbracht hatte. Jetzt jedoch war sie müde auf dem Rückweg, sie wusste, dass ihr Onkel irgendwann demnächst ankommen würde. Wie immer ging sie den Weg vom Strand aus Richtung Haus, selten lief sie hier die Straße entlang. Da sie keine Lust hatte, ums Haus herumzugehen, hatte sie am Abend vorher extra die Hintertür offen gelassen. War ihr doch egal, wenn jemand das Haus ausräumen würde, geschah ihrer Mutter und ihrer Großmutter Recht. Auf leisen Sohlen öffnete sie die Hintertür und trat ein, als sie ihr Handy in der Tasche vibrieren hörte. Sie zog es heraus und war für einen Moment so abgelenkt, dass sie nicht mit bekam, wie sich jemand vor ihr aufbaute. Sie stieß einen lauten Schrei aus und machte einen Satz zurück.
"Curt! Du hast mich erschreckt", rief sie laut, als sie erkannte, wer da vor ihr stand. Ihr Blick fiel auf das Handy, wo die Nachricht ihres Onkels aufploppte. "Hier bin ich, tada!", grinste sie und drehte sich einmal im Kreis.